die wikinger, so habe ich mal gelesen, segelten zum großen teil auf sicht, als sie an den shetlands und faröern vorbei über island das drachenboot nach groenland steuerten. daraus eine parallele zu ziehen zwischen dem roten eric und dem kapitän eines airbus 320 in 12000 fuss über mitteleuropa ist reizvoll, führt aber eigentlich nicht weiter. fakt ist, dass die nordmänner einen posten auf dem eiland im atlantik aufbauten. die familien, die dort ansiedelten, hatten dann zeit, sich in schwermütigen, ewig anmutenden winternächten eine verwegene sprache mit gemeinheiten wie eyjafjallajökull und in heiteren, ewig anmutenden sommernächten schräge beiträge zum internationalen finanzgeschäft auszudenken.
beides kam mit macht über uns. und für beides muß der in ausgewogeneren tag-nacht-verhältnissen lebende mitteleuropäer dankbar sein. das eine zeigte, wie fiktives real wütet, das andere, der vulkan nämlich, räumt real mit fiktionen auf. ohnehin hatte ich den verdacht, dass die fluggesellschaften zwar auch wegen der täglichen verluste auf ein rasches ende des flugverbots drängen; vor allem aber damit niemand merkt, dass es ja auch ohne sie geht, sich gedanken macht, wie es künftig ohne sie gehen könnte oder gar erste schritte in diese richtung geht.
abgekoppelte welten
ein geschäftsmann etwa sagte in einer zuschauersendung auf wdr5, dass seine firma nun verstärkt auf telefon- und videokonferenzen setzen wird. das spare zeit und geld, sei zuverlässig und würde außerdem die entwicklung vorwegnehmen. denn mittel-, vielleicht sogar kurzfristig sei es ja ohnehin vorbei mit der vielen fliegerei.
sehr beachtenswert fand ich zudem die these von der abgekoppelten menschlichen welt, die darauf angewiesen ist, dass von ihr unbeeinflussbare systeme einfach funktionieren, die natur, vulkane oder sonnenwinde etwa. wenn sie das dann aber nicht tun, hilft auch der anruf bei der hotline nicht; im zweifel sagt der techniker dann nur das, was techniker in solchen fällen immer sagen: kann ich nix dafür, kann ich nix machen. irgendwie richtig und irgendwie traurig.
ein großhändler aus straelen am niederrhein – einem der größten umschlagplätze für obst, gemüse und blumen – zuckte auf meine frage, welche folgen die flugverbote für die warenströme haben werden, mit den schultern. eher keine, meinte er, aber deutsche blumenzüchter freuen sich möglicherweise, weil sie für ihre waren ein paar cent mehr bekämen.
und hier treffen sich erneut das abstrakte und die realität. in den paar cent mehr bei den auktionen wird nämlich klar, dass blumen aus afrika gar nicht billiger sind als rosen vom niederrhein. bislang löste sich ein teil des tatsächlichen preises allerdings auf, er verschwand mit den kondensstreifen am gestreiften himmel: wir bezahlen mindestens mit lebensqualität, mit einem stück gesunder umwelt. wer würde die preiswerten blumen kaufen wenn es hieße: die kriegen sie zu einem euro, dafür komme ich am wochenende vor ihr haus, haue zwischen 6 und 22 uhr alle fünf minuten auf die pauke und rieche dabei komisch? eben. nun aber ist etwas nicht stoffliches in harter währung zählbar, in egelsbach bei frankfurt, ratingen bei düsseldorf und refrath bei köln oder in all den anderen einflugschneisen zu unseren flughäfen: der preis der luftverschmutzung, der stille, des ungestörtseins.
der preis des verlorenen
und da schließt sich ein kreis und wir sind wieder in island. ungestörtsein und -bleiben hat dort nämlich einen hohen wert. nicht nur für die menschen, die sich zwischen eis und erruptionen ja recht unkompliziert aus dem weg gehen können. beim bau von straßen nimmt der isländische bulldozer nicht den kürzesten weg, sondern den freundlichsten. in manchen felsen hausen nämlich, heißt es, elfen und damit die nicht ihre heimstatt verlieren und böse werden (was isländische elfen wegen winter, sommer und so weiter ohnehin eher schon mal sind), führt die straße einfach drumrum. die zuständige straßenbaubehörde verlässt sich dabei auf ein paar menschen, die mit ihren besonderen fähigkeiten die verborgenen völker auch sehen können und zu rate gezogen werden, wenn wieder mal ein monolith im weg liegt.
ha, könnte der kritiker jetzt sagen, das bild fortgesetzt sind die autos die flugzeuge, die straßen die kondensstreifen und die elfen ärgern sich jetzt beim kaffee auf ihrer terrasse im lavagestein über die störung.
nun, halte ich dagegen, von der welt der elfen weiß ich nichts aber das ist ein schönes beispiel von achtsamkeit und davon, dass auch in unserer welt manches, das wir nicht sehen können, einen preis hat. für manche ist er nun erfahrbar, spätestens wenn das flugverbot wieder aufgehoben ist. vielleicht sind diese menschen dann die wirklich sehenden und würden lieber einen umweg gehen oder etwas mehr zahlen, wenn sie dafür nur wiederbekommen, was sie kurz einmal hatten.
Mittwoch, 21. April 2010
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen