etwas nördlich von aachen rühmt sich das selfkant, der westlichste zipfel deutschlands zu sein. die menschen sprechen mit größter selbstverständlichkeit niederländisch und ob der besucher sich schon im vereinigten königreich oder noch der deutschen republik befindet verraten die autokennzeichen vor den häusern nicht. beim westzipfellauf im frühjahr in tüddern werden die starter zuerst auf platt/niederländisch und erst dann auf deutsch begrüßt. so ist der selfkant, so ist das dreiländereck, so ist aachen - selbstverständlich international; zum einkaufen nach holland, dann lecker fritten in belgien und zum abschluß ins kino zurück nach aix, pardon, aachen. da verschwimmen die grenzen und dann treffen wir uns eben auch mal in südspanien, so wie ulla schmidt und ihr chauffeur.
mag sein, dass diese grenznahe sozialisation die ministerin etwas zu robust hat werden lassen für den eleganten unterschied zwischen darf man und tut man aber nicht. wie auch immer – es war falsch und nun zahlt sie die zeche, schlimm für sie, schlimm für die spd und schön für peter harry carstensen.
für wen? gute frage! also, der mann ist in der cdu und ministerpräsident im interregnum in kiel. gerade hat ihm das parlament das misstrauen ausgesprochen; das hat ihn gefreut, denn nun hofft er - mit der landtagswahl zum bundestagswahltermin am 27. september - auf eine neue amtszeit im windschatten der kanzlerin. zum ersten mal schob sich peter harry carstensen im märz 2005 ins bewußtsein der menschen außerhalb von schleswig holstein. gerade hatte er heide simonis von der spd nicht besiegt sondern war dank einer kruden abrechnung innerhalb ihrer partei auf dem weg zur ministerpräsidentschaft, da drückte ein fotograf auf den auslöser. „sie hätte einen anderen abgang verdient“, diktierte er kollegen noch in die schreibblöcke, aber dieses foto sagte doch etwas anderes als jene sechs worte: carstensen im vordergrund rechts, hinter ihm eine sichtlich demoralisierte künftige ex-amtsinhaberin nach dem letzten wahlgang. das gesicht des cdu-politikers war verzerrt zur fiesen fratze der schadenfreude.
kein verstecken
ihn auf jene 125tel sekunde belichtungszeit zu reduzieren ist vielleicht nicht nett, aber dieses foto fällt mir eben zu carstensen ein; und dass das wort „leitkultur“ meine gedanken durchzuckte. ich fand das bild im intenet, legte es auf den pc-desktop und kommentierte es noch mit dem schriftzug „leit-kultur-hammel“, was ich damals wahnsinnig witzig fand. nach ein paar tagen wurde es mir zu blöd, der anblick war zu deprimierend. ich verschwurbelte die datei und vergaß schleswig-holstein.
nun aber drängt sich peter harry carstensen erneut ins bewußtsein, wieder auf unangenehme weise und diesmal gibt es kein verstecken hinter der realitäts-reduzierenden und verkürzend verfälschenden verschlußzeit einer kamera. mit seiner bonuszahlungslüge, über die und deren weiterungen der focus etwa in diesem artikel berichtet, hat er sich höchstselbst entblößt. vielleicht hat carstensen ja konservativ falsch verstanden und denkt bei brauchtum an barschel, engholm, pfeiffer oder roland koch. deren lügen indes hielten länger als seine. irgendwo las ich allerdings einen kommentar, der carstensen einen verblüffenden machtinstinkt nachsagte, sonst aber nix. mag ihm ja auch reichen, zu bleiben als kleiner macchiavelli von der förde, womit das fiese foto doch etwas ikonenhaftes bekäme.
da geht doch was!
aber immerhin – er wird wohl bleiben und damit sind wir nicht nur beim unterschied zur gesundheitsministerin. ulla schmidt ist mit konsequenzen konfrontiert, weil sie sich geschmacklos verhielt, peter harry carstensen hat gelogen und wird wahrscheinlich belohnt. die eine setzt debatten über politik, macht, verschwendung und realitätsverlust in gang, der andere löst ein achselzucken aus und keiner in der leitkultur-partei, der sich auch nur im ansatz öffentlich schämt oder über glaubwürdigkeit, ämter und verantwortung, personen und politikverständnis räsoniert. der casus carstensen wandert in die archive und die dienstwagen-dummheit überrollt die republik – beeindruckend.
seit 1988 übrigens, nach der barschel-affäre und engholms wahl, sank die beteiligung bei landtagswahlen in schleswig-holstein um über zehn prozent (quelle: konrad-adenauer-stiftung ). da geht doch noch was!
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