Montag, 25. Mai 2009

muss es denn wirklich sein?

sie brauche mal wieder neue schuhe, sagte die trainingspartnerin, aber sie wisse nicht so richtig welche. die – und damit meinte sie jene, die sie trug – seien ja ganz gut, aber die gebe es nicht mehr. nun sei sie unsicher. ein bekannter etwa habe das neue modell seiner vertrauten reihe gekauft und jetzt knieprobleme beim laufen. der verkäufer sagte ihm, er würde diese schuhe schon nicht mehr anbieten, weil so viele sportler sie reklamierten. nun ist des läufers fuss eine empfindliche schnittstelle und ein wenige millimeter zu weiter schuh, eine zu weiche sohle, eine falsche stütze und schon – peng – schmerzen knie, hüfte, rücken, der spaß wird zur tortur. solch achtloser umgang mit dem bewährten aber macht mich grundsätzlich traurig – insbesondere als mann.

nicht allein

mir fiel der besuch in einem körperpflege-laden wieder ein. die freude auf den kauf wich ratlosigkeit, denn da stand etwas anderes im vormals vertrauten regal. warum änderte die kosmetik-kette die rezeptur, den duft der feuchtigkeitscreme und das design der tube, fragte ich betroffen die verkäuferin. neues management, sagte sie, erschrocken weil ahnungsvoll. sie pries noch die neuen produkte an, doch ihr unruhiger blick verriet mir, dass ich nicht der erste und nicht der einzige war, der ohne einkauf ging, gekänkt, schweigend, stolz: ich lasse mich doch nicht zwingen, zeit für das herümschnüffeln an neuen produkten zu verschwenden, denen ich nicht nur mit argwohn begegne, sondern denen ich erst gar nicht bereit bin, eine chance zu geben?!

wer wissen will, was männliche treue bedeutet, sollte in nassrasur-foren etwa die threads über die ausdauernde suche nach einem traditions-after-shave oder einer bestimmten rasierseife lesen, staunend erfahren von den erfolgen und deren folgen für bankkonten und heimische vorratshaltung. wer heimlich ins badezimmer schleicht, um verschämt aber hingebungsvoll an seinem rasierpinsel zu riechen, der möchte eben keine veränderungen.

zudem zeugt es von wenig kenntnis der männlichen konsumentenpsyche, die auf schnellen erfolg ausgelegt ist. der lohn des einkaufs ist die ware, nicht der weg zu ihr mit allen wirrungen bis zum richtigen regal. will ich erst testen, anprobieren, vor allem aber: riskieren zu irren? nein!

loyaler irrtum?

denn marken-bestand, davon bin ich inzwischen überzeugt, steht für kontinuität, stellt mich, die welt, das universum sowie jeans der größe 34/36 in ein ewiges, gleichsam gesetzmäßiges koordinatensystem der zuverlässigkeit und schützt vor dem altern. wer leichfertig ändert, riskiert es nicht nur, kunden zu verlieren; er frevelt, missachtet, verletzt. das geänderte soll besser sein? mag sein, es ist aber erst mal anders und das ist das problem. denn das neue nennt meine treue schäbig, einen irrtum.

vergangen in den zeitläuften, vom markt genommen weil nur von wenigen geschätzt – da darf sich der loyale den letzten zugehörig fühlen, die das echte zu schätzen wissen. aber das liebgewonnene profan gewandelt, dem modernen geschmack angepasst – das straft ihn alt, überholt und damit sind wir wieder bei den laufschuhen; denn deren modifzierung - selbst wenn sie als fortschritt daher kommt – ist, das erkenne ich nun, mehr als ein mögliches orthopädisches problem, viel mehr.

1 Kommentar:

  1. wenn ich aus tiefstem herzen seufzen muss „wie wahr“, seufzt dann die seele eines alten mannes, eine von offenbar vielen, die in meiner brust, ach, schlagen? oder erliege ich dem weit verbreiteten irrtum, das mitgefühl beim lesen, diese der sache womöglich nicht annähernd gerecht werdende ahnung, sei eine - sogar meine - echte und ureigene empfindung? verwischt hier die grenze zwischen „ich kann dich verstehen“ und „ich fühle wie du“? oder sind wir ganz und gar einzigartig in unserer gefühlswelt, also bleiben in letzter konsequenz allein und grundsätzlich missverstanden? so, wie niemand je wissen kann, wie der andere die farben und klänge, die beide übereinstimmend als blau, laut, dissonant, kräftig, gar schön oder hässlich benennen oder bezeichen, aber nie wirklich charakterisieren können? oder ignoriere ich diesen dann doch tendenziell jugendlichen und irgendwie auch unverhältnismäßigen anfall von weltschmerz und gehe mal wieder laufen? hm.

    grüße aus heidelberg von der
    marlene

    AntwortenLöschen