Mittwoch, 1. April 2009

weeze, wilfried, winnenden

in der forschung wie und warum menschen wirken gibt es eine studie, die besagt, dass 58 prozent des eindrucks, den ein mensch auf mich macht, durch seine optische erscheinung verursacht werden, 35 prozent durch die art wie er mit mir spricht, ob langsam, gelassen und mit tiefer stimme oder schnell, aufgeregt und im diskant. lediglich sieben prozent macht das aus, was die person sagt. derjenige, der sich im optischen bereich unsicher fühlt, kann allerdings entspannt bleiben: irgendwann kehren sich die verhältnisse um.

es sind wenige sekunden (zehn bis 20) in denen wir uns auf unser äußeres verlassen können und bei unserem gegenüber archaische prozesse in jenen hirnregionen ablaufen, die nach freund/feind/futter unterscheiden, hektisch den katalog der maschen nach der aussichtsreichsten oder den der schnellen verabschiedungen nach der glaubwürdigsten durchforsten. ist diese zeit aber vorbei wird das gesprochene wort wichtig. so funktionieren wir eben, so funktionieren nachrichtensender und so funktioniert wilfried schmickler; deshalb ist er kabarettist, muss viel und ausdauernd reden, und brad pitt schaupieler und gönnt uns pausen.

wahnsinn vom feinsten

bei seinem letzten auftritt räsonierte er über die medien im fall winnenden. auch über eine junge frau. sie stand bei ntv live vor der kamera, da habe auch ich sie gesehen. neben einem gewissen mitgefühl ob der schweren aufgabe (auch solche emotionen erschafft unser gehirn binnen sekunden, manchmal) war ich aber auch neugierig zugeneigt; neugierig als zuschauer, der von der schrecklichen tat das neueste erfahren wollte, als kollege, der solche situationen, den druck und die probleme kennt, und zugeneigt wegen der erwähnten optisch generierten wirkung. als aber der satz: "das chaos hier ist vom feinsten" fiel und die junge frau (in meiner erinnerung mindestens zweimal) vom "wahnsinn" sprach, der in ihrem fall nicht tat oder täter beschrieb sondern die situation, die hektische polizei, die aufgeregten anwohner, den hubschrauberlärm, den aufmarsch der medien, also allgemein die situation rund um das schulgebäude, da nahm ich die fernbedienung und schaltete weg.

in solchen momenten geschehen gemeine dinge mit mir. ich beginne mich wie ein ertappter lügner zu winden, drücke meinen rücken tief in die sofakissen und verschränke die arme vor der brust. minutenlang möchte ich nichts sagen sondern nur weg, weg, weg. ein arger anfall von fremdschämen, wie es sonst nur gelegentlich talkshows schaffen.

wilfried schmickler schenkte mir mit seiner - berechtigten - empörung über diesen auftritt eine befreiende läuterung. gewissermaßen war ich ja mitschuldig geworden als zuschauer und mit seiner standpauke wusch er auch mich rein.

gestern abend las ich im blog eines jungen läufers vom strongmanrun 2009 in weeze. ein paar beiträge weiter unten berichtet er - so unvermittelt wie ein webtagebuch eben ist - von der amokdrohung an seiner schule am vergangenen freitag (27. märz). heute morgen dachte ich ans laufen, an den blog, mir fiel das verbrechen von winnenden wieder ein, die unglückliche junge frau und wilfried schmickler.

wie das jetzt wieder alles zusammenhängt - bestimmt gibt es auch dafür eine studie.


zum erwähnten blog geht es hier

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